Es war einmal ein Lied,
das der allerbeste Künstler schrieb.Das Lied,
es handelte von Meeresstillen
und von alten Schiffern;
von dunklen Augen
und von neuen Ufern.Es trug den Namen:
Rose von Sharon.
Und handelte natürlich auch
genau davon.Von einem schönen Namen
und nichts weiter.
Einem kecken Mädchen,
einer gold’nen Himmelsleiter.Einer Blume: “Flos Campi”,
die fiel und fiel und fiel und fiel.Das Lied… es handelt davon
wie Wurzeln durch die Lüfte glitten,
wie eine nach der and’ren Blüte aus der Rose rissen;
wie die Wurzeln sich voll Wasser saugten
und die Blüten in die Tiefe tauchten.Wie die kleine, schöne, rote Rose brach,
und der Rest vom Stängel in die Erde stach.Davon,
wie unten dann am Meeresgrunde,
wächst im Tal der nied’ren Seelen***,
zwischen kalten Steinen und Hyänen,
eine dieser selbstbewussten Blumen,
die selbst nicht wussten,
dass sie nie vergehen.Davon,
wie die Blume unter Wassermassen
Tag für Tag ein wenig wuchs —
heute dann, von niemand mehr als mir geschätzt,
als Kleinod in meine Welt gesetzt.Sie berichtet von der
“Todesstille — fürchterlich! [… — ]
Es reget keine Welle sich” — ****, die ihr als Nahrung diente,
die sich letztlich dann in sie verliebte.
Epilog
Ich, der Erzähler, jedoch, der ich keine Erzählerin war, könne das natürlich nicht verstehen. Mir bliebe das (der Meeresgrund) — “natürlich”, so sagt sie — für immer verschlossen, aber das sei weiter kein Problem, dafür habe ich, der Erzähler, ja sie: die Rose von Sharon mit ihren dunklen, bodenlosen Schleiern, die sie Augen nennt. Ich könne mir all das — nun, wo ich mich in sie verliebte — , Symphonie um Symphonie, Seite um Seite von ihr berichten lassen und dann… davon berichten. Wozu war ich denn Erzähler?
Und ich lausche.
Anmerkung der Regie:
Das Gedicht ist auch eingebunden in einen Beitrag „SK1“, den es nicht mehr öffentlich zugänglich gibt.
***Ausdruck “Tal der nied’ren Seelen” (… sehr schön, oder?) aus der Historie der Wiedergebohrnen von Johann Heinrich Reitz, auf die man (sehr vermutlich: unter anderem) in dem Wikipedia Eintrag zur Rose von Sharon stoßen kann.
****Kurzer Ausschnitt aus Goethes Gedicht “Meeresstille”
Kommentare von Marco Zander